Wegen Bürokratie: Kult-Bäckerei in Baden-Württemberg schließt

Auf einer Kundgebung halten viele Menschen mehrere Schilder in die Höhe. Auf diesen ist eine Brezel abgebildet. Darunter steht: "Rettet uns Bäcker". Offensichtlich handelt es sich um ein Protest der Bäcker.
Symbolbild © imago/Rust

Das dürfte vielen im Ländle sauer aufstoßen. Wohl ausgerechnet wegen der verhassten Bürokratie muss eine Kult-Bäckerei in Baden-Württemberg schließen. Die Folgen sind verheerend und alle Beteiligten zeigen sich bestürzt.

Ein Stück Bäckertradition verschwindet – nicht wegen zu wenig Kundschaft, sondern wegen einer Last, die keiner essen will: Papierkram. Die Bürokratie zwingt eine Kult-Bäckerei zur Schließung in Baden-Württemberg.

Stiller Abschied im Duft von Brot

Seit vier Generationen prägte die Bäckerei Discher das Stadtbild von Öhringen im fränkisch geprägten Nordosten Baden-Württembergs. Doch im August schließen ihre Öfen endgültig. Die rund 50 Mitarbeiter verlieren ihren Job, und Stammkunden müssen sich nach neuen Lieblingsstücken umsehen. Für Gründer Andreas Discher hatte der Betrieb immer eine fast religiöse Bedeutung – das tägliche Brot galt ihm als Lebenssymbol. Die Entscheidung fiel nicht aus wirtschaftlicher Not, sondern weil endlose Auflagen das Handwerk ersticken.

Bereits 2023 zeigt eine ZDH-Umfrage, dass etwa drei Viertel der Handwerksbetriebe einen deutlichen Anstieg der Bürokratie erleben, besonders bei neuen Gesetzen und Dokumentationspflichten. In NRW berichten sogar mehr als die Hälfte der Betriebe von Zeitverlusten für Kunden und steigenden Preisen. Discher bestätigt das aus eigener Erfahrung: Er sitzt mehr vorm Computer als am Teig – und sieht darin den Grund, warum junge Menschen keinen Bäcker-Beruf mehr ergreifen. Hinzu kommt: Die Digitalisierung stockt. Während große Betriebe eigene IT-Abteilungen haben, kämpfen kleine Bäckereien mit Formularbergen in Papierform. Ein echter Wandel fehlt vielerorts.

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Bürokratie bremst Kult-Bäckerei aus – und gefährdet ein ganzes Handwerk

Der Fall Discher steht exemplarisch für eine Entwicklung, die längst zur stillen Krise geworden ist. Allein 2024 mussten in Baden-Württemberg zahlreiche Traditionsbetriebe dichtmachen. Die Gründe ähneln sich: Zu viel Verwaltung, zu wenig Nachwuchs. Die Folge? Immer mehr Städte verlieren ihre letzten unabhängigen Bäcker. Der Preis dafür ist hoch: Mit jeder geschlossenen Backstube verschwinden Wissen, Handwerkskunst und Identität. Was große Ketten mit Industrieöfen auffangen, kann keine regionale Qualität ersetzen. Gleichzeitig trifft der Regelwust auch die Kundschaft: steigende Preise, sinkende Vielfalt und immer weniger Auswahl.

Experten fordern schon lange ein Umdenken. Weniger Paragrafen, mehr Vertrauen in die Betriebe – das wäre ein erster Schritt. Gerade in einem Beruf, der täglich mit Lebensmitteln arbeitet, sind klare Regeln sinnvoll – doch das Maß ist längst überschritten. Was helfen könnte? Digitale Verwaltung, kompaktere Vorschriften, echte Förderung von Handwerkstradition. Sonst droht das, was in Öhringen schon Realität ist: Dass der Geruch nach frischem Brot bald nur noch eine Erinnerung bleibt.