Eine halbe Milliarde: Umbau des Staatstheaters in Karlsruhe auf der Kippe

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Wildparkstadion, Kombilösung, Klinikum, Stadthalle, Neue Messe – Karlsruhe hat eine Reihe von Großprojekten in Angriff genommen.

Kann man sich angesichts von geschätzten Schulden von fast einer Milliarde Euro bis Ende 2023 noch einen aufwendigen Umbau des Badischen Staatstheaters leisten? Man sollte
es, meint die Stadt. Zweifel gibt es vor allem bei den Grünen und der CDU. An diesem Dienstag soll der Karlsruher Gemeinderat über das Sanierungs- und Umbaukonzept abstimmen und damit die Weichen für die Zukunft des Theaters stellen.

Das Problem von SPD-Rathauschef Frank Mentrup: Gegen Grün-Schwarz läuft im Karlsruher Gemeinderat nichts. Und wie die beiden größten Fraktionen abstimmen werden, ist noch offen.

Dass gehandelt werden muss, ist allen klar: Das 1975 als Drei-Sparten-Haus für Oper, Schauspiel und Ballett eröffnete Theater ist in die Jahre gekommen und dringend sanierungsbedürftig. Vom Brandschutz bis zur Technik: Nach bald 50 Jahren laufendem Betrieb genügt es nicht mehr modernen Anforderungen. Zudem platzt es aus allen Nähten. Spielstätten und Proberäume sind schon jetzt über die Stadt verteilt.

Mit der Sanierung soll das Badische Staatstheater zugleich eine Art Wohnzimmer für die Stadt werden: «Es wird ein Ort für die Menschen», sagt Kulturamtsleiterin Susanne Asche.

Vor vier Jahren stimmte der Gemeinderat noch dafür. Da war aber von Kosten in Höhe von 325 Millionen Euro die Rede und es gab keine Corona-Krise. Nun soll die zwölfjährige Sanierung und Erweiterung des Theaters auf über 570 Millionen Euro kommen, wobei die Hälfte das Land zahlt. Mehrkosten durch einen Planer-Wechsel und höhere Baunebenkosten werden für die Verteuerung unter anderem angeführt.

Dass kulturelle Großprojekte teurer werden als zunächst gedacht, ist auch woanders zu beobachten: So soll die Sanierung der Stuttgarter Oper nun etwa eine Milliarde Euro kosten. So viel Geld für Kunst und Kultur, während an anderen Ecken coronabedingt gespart werden muss? Der Bund der Steuerzahler findet das nicht gut.

Auch im Karlsruher Gemeinderat haben viele damit ein Problem. «Das Badische Staatstheater ist uns wichtig», betont Grünen-Fraktionschefin Zoe Mayer. Klimaschutz aber auch. «Wir müssen schauen, wie wir alles finanzieren können.» Für die bisherigen Theaterpläne will ihre Fraktion nur stimmen, wenn andere wichtige Projekte in der Stadt nicht darunter leiden. Etwa die energetische Sanierung von Schulen und Sporthallen.

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«Wenn wir klare Zusagen bekommen, wird das Projekt auch laufen», sagt Mayer. Die Grünen würden sich zum Beispiel wünschen, dass das Land beim Abstottern der Theaterkosten der Stadt entgegenkommt und Zahlungen streckt. Wenn diese und andere Fragen bis Dienstag nicht geklärt sind, stehen die Karlsruher Theaterpläne auf der Kippe, räumt Oberbürgermeister Mentrup ein. Er ist mit dem Land bereits im Gespräch, warnt aber: «Jede Verschiebung kostet weitere Millionen.» Die derzeitige Lösung sei die wirtschaftlichste und sinnvollste.

Daran hat die CDU erhebliche Zweifel. Sie hält die Pläne angesichts der «dramatisch schlechten Haushaltslage» für unverantwortlich. Ihr Kreisvorsitzender Ingo Wellenreuther erinnert an die ausufernden Kosten des letzten «Jahrhundertprojekts», der Kombilösung, die ist mit 1,5 Milliarden Euro dreimal so teuer wie zunächst gedacht. «So etwas darf nicht noch einmal passieren.» Er plädiert für einen Theater-Neubau an anderer Stelle, auf dem Messplatz. Dies wäre seines Erachtens günstiger. Nach Einschätzung der Stadtverwaltung käme das aber teurer, genauso wie ein Abriss und Neubau an gleicher Stelle.

Mit großer Sorge verfolgt der Karlsruher Kulturkreis die Spardiskussionen: «Es geht fundamental um die Zukunft des Badischen Staatstheaters – und damit zugleich um den Stellenwert und die Strahlkraft des kulturellen Lebens in der Stadt Karlsruhe», betonen
dessen Sprecher Wolfgang Zimmermann und Eckart Köhne. Und die KulturRegion Karlsruhe am Mittleren Oberrhein unterstreicht: Das Badische Staatstheater sei mit jährlich über 300 000 Besuchern ein Magnet für die ganze Region am Mittleren Oberrhein, für die Südpfalz
und das Nordelsass und habe die stärkste Besucherfrequenz aller Kultureinrichtungen in Karlsruhe. Mit Veranstaltungen wie den Händel-Festspielen sei es ein «Leuchtturm» von überregionalem Rang. /dpa