Die Bilder wirken verstörend, die Lücke ist riesig: Fast 50 Bäume sind aus Karlsruhe verschwunden. Das wirkt sonderbar, da es für unser Klima kaum etwas Wichtigeres gibt.
Wo noch vor Kurzem ein grünes Blätterdach schattenspendend über dem Asphalt lag, klafft jetzt eine kahle Lücke. Fast 50 Bäume wurden hier gefällt, was für viele Karlsruher einfach nur ein Schock ist.
Sogar prachtvolle Ahornbäume liegen nun als Holzstapel am Straßenrand
An der Knielinger Allee in Karlsruhe-Nordstadt fallen derzeit die letzten Baumstümpfe auf: 47 Bäume, darunter majestätische Ahorne und Robinien, mussten hier weichen. Dabei sind Stadtbäume unverzichtbare Klimahelden – sie kühlen die Luft, filtern Schadstoffe und bieten Lebensraum für Tiere. Doch hinter dieser Maßnahme, durch die fast 50 Bäume plötzlich aus Karlsruhe verschwinden, steckt ein durchdachtes Konzept – sowohl mit sozialem als auch ökologischem Mehrwert.
Die Situation an der Knielinger Allee wirkt ein bisschen so wie einst, als sich die Fächerstadt von etlichen Bäumen aus einem Naturschutzgebiet verabschiedet hatte. Hintergrund dafür, dass nun fast 50 Bäume weichen mussten, ist aber dieses Mal die Jüdische Kultusgemeinde Karlsruhe. Denn hier soll ab 2026 ein zukunftsweisendes Gemeindezentrum entstehen. Auf 1.200 Quadratmetern baut man nicht nur eine neue Mikwe (rituelles Tauchbad) und Gebetsräume, sondern auch einen lebendigen Begegnungsort: mit Kulturräumen für Veranstaltungen, einem modernen Jugendzentrum und barrierearmen Seniorenwohnungen. Das 9,36-Millionen-Euro-Projekt wird damit zum wichtigen sozialen Knotenpunkt im Stadtteil. Das klingt in der Tat sehr herzlich. Doch was ist mit dem Klima?
Für über neun Millionen Euro: Anstelle von Bäumen wächst hier nun ein Prestigeprojekt
Ja, die ökologische Bilanz stimmt tatsächlich ebenfalls: Als Ausgleich pflanzt die Gemeinde auf einer 4.500 Quadratmeter großen Fläche in Neureut nämlich einen klimaresistenten Mischwald mit Stieleichen, Flatterulmen und Schwarzerlen. Diese Baumarten sind besonders widerstandsfähig gegen Hitze und Trockenheit – ein zukunftsgerichtetes Konzept, das den Wald langfristig stärkt.
Dieses Projekt zeigt beispielhaft, wie verantwortungsvolle Stadtentwicklung gelingen kann. Es verbindet das Wachstum einer lebendigen Gemeinde mit ökologischer Verantwortung – und schafft so einen Mehrwert für alle Karlsruher. Manchmal müssen eben sogar unsere liebsten Klimahelden – in diesem Fall fast 50 Karlsruher Bäume – weichen. Aber wenn dabei nachhaltige Lösungen und lebendige Begegnungsorte entstehen, profitieren am Ende Natur und Gesellschaft gleichermaßen. Es ist also ein innovatives Modell, das durchaus Schule machen könnte.