Baden-Württembergs Minister will gegen Ballermann-Reisen vorgehen

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Karlsruhe-Insider (dpa/lsw) – Die Menschen in Baden-Württemberg müssen sich wegen stark steigender Corona-Infektionszahlen auf deutlich härtere Auflagen über Ostern bis Mitte April einstellen.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) kündigte am Dienstag in Stuttgart an, die von Bund und Länder verschärfte Notbremse bei Infektionszahlen über 100 pro 100 000 Einwohner in einer Woche konsequent umzusetzen.

Landesweit liegt Baden-Württemberg derzeit bei einer Inzidenz von knapp über 100, Tendenz steigend.

«Wir sind in einer der schwierigsten Phasen der Pandemie», sagte der Grünen-Politiker. «Es gibt derzeit keinen Spielraum für weitere Öffnungsschritte.» Es sei alarmierend, dass auch jüngere Menschen von den Corona-Mutanten stark betroffen seien. Die Wissenschaft sage,
dass sich eine echte Bremswirkung durch das Impfen erst Ende Mai oder Anfang Juni einstelle. Wie Baden-Württemberg die einzelnen Beschlüsse der Bund-Länder-Runde vom Montag umsetze, müsse noch geklärt werden.

An diesem Mittwoch im Landtag werde er genauere Ansagen machen. «Ich bin kein Pandemie-Diktator, der einfach irgendwas erzählt. Ich lasse mich beraten.»

OSTERN: Kretschmann verteidigte den geplanten härteren Lockdown über Ostern. Wie die genauen Bedingungen der fünftägigen «Osterruhe» sind, konnte er aber noch nicht sagen. Der Bund wolle eine Musterverordnung erarbeiten auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes, welche dann regelt, welche Geschäfte und Dienstleistungen am Gründonnerstag und am Karsamstag geschlossen bleiben müssen. Kretschmann sagte: «Ich würde mir vorstellen, dass das ein dem Feiertag entsprechender Ruhetag ist.» Es müsse auch noch geklärt werden, wie viele Kontakte über Ostern erlaubt sind. Da gebe es «Widersprüche» im Beschluss. In Regionen mit einer Inzidenz über 100 dürfen sich gemäß der Notbremse eigentlich nur ein Haushalt mit einer weiteren Person treffen. Über Ostern sollen sich aber zwei Haushalte mit höchstens fünf Personen treffen können, Kinder bis 14 Jahren nicht mitgezählt.

AUSGANGSSPERREN: Anfang Februar hatte der Verwaltungsgerichtshof die landesweite nächtliche Ausgangssperre von 20.00 Uhr bis 5.00 Uhr im Südwesten gekippt. Hintergrund war, dass die Inzidenz in vielen Kreisen stark gesunken war und das Gericht die Verhältnismäßigkeit nicht mehr gewahrt sah. Seitdem gilt: In Kreisen, die seit drei Tagen über einer Inzidenz von 100 liegen, können nächtliche Ausgangssperren verhängt werden. Kretschmann denkt nun – wo der landesweite Wert erneut über 100 ist – wieder über landesweite Ausgangsbeschränkungen nach. Nach dem Bund-Länder-Beschluss sind auch weitere Kontaktbeschränkungen in Hotspots möglich.

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SCHULEN: Der Regierungschefs macht sich Sorgen, weil das mutierte Virus auch vor Kindern und Jugendlichen nicht Halt mache. Zuletzt hatte man deshalb schon eine Maskenpflicht in Grundschulen durchgesetzt und in den 5. und 6. Klassen Wechselunterricht möglich gemacht. Bis zu den Osterferien in der nächsten Woche will der
Regierungschef nichts mehr ändern. Aber grundsätzlich ist er bei Schulen und Kitas in Hotspot-Regionen für schärfere Maßnahmen. «Wir streben auch da die Notbremse an.» Zuletzt war im Gespräch, bei einer Inzidenz von 200 Schulen und Kitas zu schließen.

REISEN: Hier ging Kretschmann die Hutschnur hoch. Es könne nicht im Sinn der Bekämpfung der Pandemie sein, dass Leute nun massenhaft in Urlaub nach Mallorca flögen. Er hätte dem gern einen Riegel vorgeschoben. «Ich hätte mir auch, ich sag’s jetzt mal, die Kreativität der Bundesregierung gewünscht, dass wir das verhindert bekommen.» Die Möglichkeit der Mallorca-Reisen bringe die Politik in Erklärungsnöte. «Wie soll ich jemanden erklären, dass er nach Mallorca fliegen darf, aber nicht in das Ferienhaus an der Ostsee?» Die Bundesregierung hatte die Lieblingsinsel der Deutschen vor einer guten Woche von der Liste der Risikogebiete gestrichen und die Reisewarnung wegen stark gesunkener Infektionszahlen aufgehoben. Das hat zu einem Buchungsboom geführt.

KIRCHEN: Der gläubige Katholik Kretschmann verteidigte auch den Beschluss, dass Kirchen und Religionsgemeinschaft gebeten werden sollen, an Ostern nur Online-Angebote für die Gläubigen zu machen. Hier sei das Bundesinnenministerium beauftragt, auf die Kirchen und
Religionsgemeinschaften zuzugehen. An Verbote denke er nicht, weil es da  verfassungsrechtlich hohe Hürden gebe.