Karlsruhe hält Meinungsfreiheit hoch – Verurteilung aufgehoben!

Symbolbild Foto: Uli Deck/dpa

Karlsruhe (dpa) – Durfte ein Mann in Sicherungsverwahrung eine Sozialarbeiterin «Trulla» nennen?

Diese Frage hat nun sogar das Bundesverfassungsgericht beschäftigt. Das Amtsgericht im hessischen Schwalmstadt hatte den Mann wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe verurteilt.

Dagegen legte er erst Berufung und dann Verfassungsbeschwerde ein – mit Erfolg, wie das Verfassungsgericht in Karlsruhe am Donnerstag mitteilte (Az. 1 BvR 2249/19).

Der Mann war in Rage geraten, weil sein monatliches Taschengeld für Einkäufe wegen eines Computerproblems nicht rechtzeitig gebucht worden war. Er befürchtete, deshalb den Zeitpunkt für Bestellungen zu verpassen, und wandte sich an die Sozialarbeiterin, hatte aber das Gefühl, nicht richtig durchzudringen – deshalb die Wortwahl.

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Die Strafrichter hatten gemeint, der Begriff «Trulla» habe grundsätzlich ehrverletzenden Charakter. Dies verkenne, dass das Grundrecht der Meinungsfreiheit eine umfassende Auseinandersetzung mit den konkreten Umständen des Falls und der Situation verlange,
heißt es nun aus Karlsruhe. Hier sei die Äußerung spontan und mündlich bei einer hitzigen Auseinandersetzung gefallen. Sie sei außerdem «Ausdruck einer – wenngleich nicht vollständig gelungenen – emotionalen Verarbeitung der als unmittelbar belastend wahrgenommenen Situation». Das Amtsgericht muss nun noch einmal entscheiden.