Kinder in Gefahr: Alte “Piratenkrankheit” breitet sich wieder aus

Der Mund und vor allem die Zähne eines Kindes werden gerade von einem Zahnarzt, der blaue Handschuhe trägt, untersucht. Das Zahnfleisch des Kindes ist sichtbar angeschlagen und blutet sogar an mehreren Stellen.
Symbolbild © istockphoto/Alona Siniehina

Das so was im Jahr 2025 passiert, hätte man wohl nicht für möglich gehalten. Eltern sind in Sorge, denn eine alte “Piratenkrankheit” kehrt nach Deutschland zurück und bedroht ihre Kinder.

Einst als Relikt der Seefahrtszeit belächelt, sorgt ein vergessenes Leiden heute wieder für Aufsehen – und trifft vor allem die Jüngsten. Denn die alte Piratenkrankheit ist zurück und bedroht Kinder und ihre Gesundheit in Deutschland.

Ein Schatten aus vergangenen Tagen taucht wieder auf

Vor Jahrhunderten fürchteten Matrosen nicht nur die tosenden Wellen, sondern auch eine unsichtbare Bedrohung: Skorbut. Damals raffte die Krankheit ganze Besatzungen dahin – ausgelöst durch monatelange Vitamin-C-Armut an Bord. Heute, im 21. Jahrhundert, klingt das nach einem historischen Kapitel. Doch genau dieser Schatten kehrt nun zurück – in einer neuen, stillen Form. In einem bestimmten Land häufen sich Skorbut-Fälle bei Kleinkindern, die kaum älter als zwei Jahre sind. Zunächst fällt nur Appetitlosigkeit auf, dann folgen Zahnfleischprobleme, Schmerzen in den Gelenken und letztlich sogar Zahnverlust. Wer nun an Entwicklungsländer denkt, liegt falsch. Betroffen sind Kinder in einem der reichsten Länder der Welt – und das nicht ohne Grund.

In vielen Haushalten in den USA fehlt das Geld für frisches Obst und Gemüse. Stattdessen landen Fertigprodukte mit langem Haltbarkeitsdatum auf dem Teller. Vitamin C, das früher zum Beispiel in Form von Sauerkraut und Zitronen Leben rettete, steht hier kaum noch auf dem Speiseplan. Besonders tragisch: Die Mangelernährung hat selten mit Unwissen zu tun – sondern mit dem Preisetikett im Supermarkt. Hinzu kommt, dass sich Kinder mit besonderen Bedürfnissen oder Essstörungen oft extrem einseitig ernähren. Auch in Europa, besonders in Ballungsräumen mit hoher Armutsquote, entsteht so ein Nährboden für den “stillen Rückfall” einer fast vergessenen Krankheit.

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Piratenkrankheit: Warum eine alte Gefahr wieder Kinder trifft

Was lange als medizinisches Kuriosum galt, hat inzwischen alarmierende Dimensionen angenommen. Zwischen 2016 und 2020 hat sich die Zahl der Skorbut-Fälle bei US-Kindern mehr als verdreifacht. Besonders häufig trifft es Jungen – laut Studien sind sie zu fast 70 Prozent betroffen. Selbst in Deutschland sind die Fallzahlen in den letzten Jahren angestiegen. Sie haben sich sogar fast verdreifacht und immer mehr Eltern sind deshalb besorgt.

Auch in Deutschland ist Skorbut also kein Mythos. Ein dokumentierter Fall eines siebenjährigen Jungen, der sich monatelang ausschließlich von Chips und Limonade ernährte, zeigt, wie real die Gefahr sein kann. Selbst Erwachsene, etwa nach Magenverkleinerungen oder mit radikalen Diäten, sind nicht geschützt. Dabei ist Vitamin C leicht zugänglich – theoretisch. Paprika, Brokkoli und Beeren wären einfache Quellen. Doch mit den steigenden Lebensmittelpreisen und sozialer Unsicherheit schrumpft auch der Zugang zu gesunder Ernährung.