Massenschließungen drohen bei deutschen Traditionsbäckereien

Das Innere einer Bäckerei. An der Verkaufstheke steht eine Verkäuferin. In der Bäckerei sind viele verschiedene Backwaren zu sehen, die zum Verkauf angeboten werden, darunter frische Brote, Croissants, Kuchen und süße Teilchen.
Symbolbild © istockphoto/Kptan123

Deutsche Traditionsbäckereien stehen wohl vor dem Aus, immer mehr Geschäfte müssen schließen.

Bäcker Tobias Ehses weiß nicht, wie er über den Winter kommen soll. Es sind vor allem die extrem gestiegenen Gaspreise, die ihm große Sorgen machen.

Letztes Jahr habe er für Gas im Monat einen Abschlag von rund 560 Euro gezahlt. Dann ging es hoch auf 1.500 Euro. «Und jetzt haben sie es hochgesetzt auf 3.900 Euro. Das ist ein kräftiger Schlag», sagt er in der Backstube seiner Bäckerei «Backstuff» in Reinsfeld im Hochwald.

«Wie soll man das als Kleinbäcker mit all den anderen gestiegenen Preisen auffangen?», fragt er und listet auf, was sich innerhalb von einem Jahr verteuert hat. Es ist quasi alles, was er zum Backen braucht.

Für Strom zahlt er doppelt so viel, für Mehl gut 60 Prozent mehr. Höhere Kosten hat er auch bei Sahne, Butter, Öl, Körnern. «Ich kann das gar nicht eins zu eins an meine Kunden weitergeben», sagt der 42-Jährige, der die im Jahr 1925 gegründete Bäckerei in dritter Generation führt.

Bei der Innung des Bäckereihandwerks meldeten sich zurzeit auch immer mehr Bäcker, bei denen «die Not auch sehr groß ist», sagt Ehses, der stellvertretender Obermeister der Innung im Kreis Trier-Saarburg ist. «Die Angst um den Fortbestand wird jetzt auch wirklich ausgesprochen. Und zwar sogar von gesunden Bäckereien.» Er geht davon aus, dass «jetzt noch mal eine große Welle kommen wird, wo viele Bäcker aufgeben müssen».

Bereits in den vergangenen Jahren haben viele Bäcker im Zuge eines Strukturwandels und wegen wachsender Konkurrenz zu Discountern und Backshops dicht gemacht. Gab es nach Angaben des Zentralverbandes des Deutschen Bäckerhandwerks im Jahr 2006 noch 1104 Bäckereien in Rheinland-Pfalz, waren es 2012 dann 881 und 2021 noch 581. Bundesweit gab es im vergangenen Jahr noch knapp 10 000 in die Handwerksrolle eingetragene Betriebe.

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Das Bäckerhandwerk befinde sich «in einem Kosten-Tsunami» und stehe vor «extrem schwierigen Monaten», sagt auch die Sprecherin des Verbandes in Berlin. «Wir fordern, dass die Politik unsere Betriebe mit ihren rund 250.000 Beschäftigten nicht allein lässt und das tägliche Brot auch weiterhin bezahlbar bleibt.» Die Bundesregierung müsse die Betroffenheit von Handwerksbäckereien als Härtefall anerkennen. «Wir erwarten einen finanziellen Rettungsschirm, der schnell und spürbar entlastet.»

Bäcker Ehses sagt, für ihn sei der «sprunghafte Anstieg der Kosten das Schlimmste». Bisher sei er jedes Jahr mit einem Umsatz von rund 400.000 Euro null auf null rausgekommen. Jetzt aber gehe es ans Eingemachte. Vor einer Weile habe er seine normalen Brötchen um 5 Cent teurer gemacht, die Körnerbrötchen um 10 Cent, die Brote um 10 bis 15 Cent. «Die meisten reagieren verständnisvoll», sagt er. Und er wisse, dass er die Preise demnächst noch mal erhöhen müsse.

Die Öffnungszeiten zu reduzieren sei für ihn keine Lösung, um Kosten zu sparen. Morgens sei er mit seinen Backwaren viel mobil mit einem Wagen auf Märkten unterwegs. Er schaffe es ohnehin nur, den Laden am Laufen zu halten, weil seine Familie, vor allem Mutter und Bruder, im Betrieb mitarbeiteten. «Ohne die hätte ich schon aufgehört.»

Wegen der gestiegenen Kosten will er jetzt in seinem Laden eine «Energiekasse» aufstellen, in die Kunden, die mögen, Geld werfen können, um ihn zu unterstützen. «Ich kann nichts anderes tun, als versuchen durchzuhalten.» Wenn das am Ende nicht gelinge und er aufgeben müsse, dann sei es eben so. «Dann kann ich sagen, ich habe alles versucht und mein Bestes gegeben.» /dpa