Urteil aus Karlsruhe: Millionen Euro aus Straftaten gehen in Landeskasse!

Symbolbild Foto: Paul Zinken/dpa

Karlsruhe-Insider (dpa) – Der Staat darf Straftätern ihr zu Unrecht erlangtes Vermögen auch dann abnehmen, wenn sie wegen Verjährung nicht mehr für ihre Taten verurteilt werden können.

Dies sei «wegen überragender Belange des Gemeinwohls» ausnahmsweise zulässig, teilte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe am Freitag mit.

Damit steht fest, dass ein wichtiger Baustein der 2017 reformierten Vermögensabschöpfung in Kraft bleiben kann. (Az. 2 BvL 8/19)

Das Instrument soll dafür sorgen, dass sich Verbrechen nicht lohnen und niemand in Saus und Braus leben kann, nachdem er ein paar Jahre im Gefängnis abgesessen hat. Die Politik erhofft sich davon vor allem Erfolge im Kampf gegen die organisierte Kriminalität. So wurden etwa 2018 in Berlin und Brandenburg 77 Immobilien vorläufig beschlagnahmt, die einem arabischstämmigen Clan gehören sollen.

Mit der Reform wurde ein solches Vorgehen einfacher. Unter anderem gibt es für die Vermögensabschöpfung jetzt eine eigene Verjährungsfrist, die erst nach 30 Jahren abläuft. Es darf ausdrücklich auch Vermögen aus Straftaten eingezogen werden, die selbst bei Inkrafttreten der Reform schon verjährt waren.

Diesen Punkt hatte der Bundesgerichtshof (BGH) für verfassungswidrig gehalten und 2019 ein Verfahren aus Niedersachsen ausgesetzt, um die Frage vom Bundesverfassungsgericht klären zu lassen.

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Normalerweise gilt im Strafrecht der Grundsatz, dass niemand für etwas bestraft werden kann, das zum Zeitpunkt der Tat noch nicht verboten war. In diesem speziellen Fall halten die Verfassungsrichter die – eigentlich unzulässige – Rückwirkung aber für gerechtfertigt.

«Durch die Vermögensabschöpfung soll sowohl dem Straftäter als auch der Rechtsgemeinschaft vor Augen geführt werden, dass eine strafrechtswidrige Vermögensmehrung von der Rechtsordnung nicht anerkannt wird und deshalb keinen Bestand haben kann», heißt es in ihrer Entscheidung. Dieses Ziel sei «überragend wichtig». Der Vertrauensschutz des Betroffenen müsse daher zurücktreten.

Die Richterinnen und Richter des Zweiten Senats meinen mehrheitlich, dass das Vermögen auch nach Verjähren der Straftat mit dem Makel seiner Herkunft behaftet bleibt. Außerdem weisen sie darauf hin, dass die Vermögensabschöpfung rechtlich keine Strafe ist. Es gehe um die Beseitigung eines Vorteils, der zu weiteren Taten verlocken könne.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete und frühere Berliner Justizsenator Thomas Heilmann erklärte, dies sei «ein guter Tag für die Sicherheit und ein schlechter Tag für die organisierte Kriminalität». «Kriminelle müssen belegen, woher sie ihr Geld haben. Gut so!»