Im Zuge der abgeschlossenen Regierungsbildung könnten sich viele Dinge in Deutschland teils radikal und langfristig ändern. Mit der Begründung, die Wirtschaft im Land ankurbeln zu wollen, könnten bundesweit Feiertage gestrichen werden.
Immer wieder gibt es vonseiten der Regierung Vorschläge, die für Aufregung sorgen und definitiv nicht jedem Bürger gefallen. Genau so einer kommt nun aus der Politik, die bundesweit mehrere Feiertage für nichtig hält und der Wirtschaft zuliebe auf sie verzichten möchte.
Tradition gegen Tempo: Wenn Feiertage plötzlich im Weg stehen
Für viele sind sie kleine Inseln der Ruhe im hektischen Arbeitsalltag – Feiertage gelten in Deutschland als nahezu unantastbar. Doch hinter den Kulissen regt sich Widerstand gegen dieses Erbe. Insbesondere aus wirtschaftlicher Sicht stehen freie Tage zunehmend auf dem Prüfstand. Der aktuelle Vorstoß: Der bayerische Wirtschaftsvertreter Bertram Brossardt schlägt vor, drei kirchliche Feiertage aus dem Kalender zu streichen – konkret Ostermontag, Pfingstmontag und den zweiten Weihnachtsfeiertag.
Sein Argument zielt auf die Wettbewerbsfähigkeit. Denn Deutschland liegt mit rund 1.343 Arbeitsstunden pro Jahr deutlich hinter vergleichbaren Industrienationen wie Österreich, Italien oder der Schweiz. Mehr Arbeitstage könnten die Konjunktur ankurbeln, so der Gedanke. Besonders irritierend sei dabei für internationale Geschäftspartner, dass man bei uns ausgerechnet religiöse Feiertage so konsequent einhält. Und das selbst wenn sie auf einen Montag fallen und ganze Wochenenden verlängern. Doch was wie ein nüchterner Effizienzvorschlag klingt, trifft verständlicherweise bei den Bürgern im Land einen empfindlichen Nerv. Denn Feiertage sind nicht nur arbeitsfreie Tage, sondern kulturelle Rituale mit tief verwurzelter Bedeutung.
Bundesweit weniger Feiertage – mehr Wirtschaft, weniger Balance
Besonders brisant ist die Debatte durch die enorme Ungleichheit innerhalb Deutschlands. Während Bayern mit regionalen Sonderregelungen auf bis zu 14 Feiertage kommt, müssen sich Berliner oder Bremer mit zehn zufriedengeben. Eine bundesweite Streichung würde die Unterschiede nicht nivellieren, sondern eher verschärfen – denn sie träfe die Länder mit ohnehin weniger Feiertagen besonders hart.
Interessanterweise zeigen aber auch aktuelle Studien, dass mehr freie Tage nicht automatisch weniger wirtschaftliche Leistung bedeuten. Im Gegenteil: Gut erholte Beschäftigte gelten als produktiver, kreativer und belastbarer. Feiertage stärken nicht nur die mentale Gesundheit, sondern auch familiäre Bindungen und das kulturelle Miteinander – ein Punkt, den rein wirtschaftliche Denkansätze oft unterschätzen. Laut einer repräsentativen Umfrage spricht sich eine Mehrheit der Bevölkerung nicht gegen die Reform der Feiertagsverteilung aus. Die eigentliche Forderung scheint also eher Gerechtigkeit zu sein, nicht Verzicht.