Architektur in Karlsruhe: Vom Klassizismus hin zur Moderne

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Erst im Jahr 1715 wurde Karlsruhe gegründet und ist damit eine recht junge Stadt. Trotzdem ist die Architektur in Karlsruhe vielfältig und abwechslungsreich. Klassizismus und Jugendstil kann man bei einem Rundgang durch die Fächerstadt ebenso entdecken wie Bauhaus und Postmoderne.

Architekten wie Friedrich Weinbrenner, sein Schüler Heinrich Hübsch und Egon Eiermann haben die Architektur der Universitätsstadt Karlsruhe maßgeblich beeinflusst. Wichtig war dabei immer die Verbindung der Baumeister zu der 1825 gegründeten Hochschule mit der im gleichen Jahr gegründeten Architekturfakultät und den Akademien der Fächerstadt. Hier stellen wir die Highlights der Architektur in Karlsruhe vor.

Klassizismus in der Fächerstadt

Rathaus, Evangelische Stadtkirche und die Pyramide am Marktplatz sind nur einige der Bauten in Karlsruhe, die auf den berühmten Baumeister Friedrich Weinbrenner zurückführen. Die Stadt Karlsruhe zählt zu den bedeutendsten klassizistischen Stadterweiterungen in Deutschland. Maßgeblich Anteil daran hat der 1766 in Karlsruhe geborene Architekt und Stadtplaner Friedrich Weinbrenner. Dieser konzipierte nach dem Friede von Lunéville und der anschließenden Neuordnung Europas für die Residenz der badischen Großherzöge einen Stadterweiterungsplan. Damit verdoppelte sich das damalige Stadtgebiet.

Das Rathaus in Karlsruhe ist ein beeindruckendes Gebäude im neoklassizistischen Stil und dient als Verwaltungssitz der Stadt. Mit seiner imposanten Fassade und zentralen Lage im Herzen von Karlsruhe ist es ein markanter Teil des Stadtbildes und zieht sowohl Einheimische als auch Besucher gleichermaßen an.
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Weinbrenner, der während seiner Italienreisen antike Bauwerke studierte, hat diese Eindrücke in die Gestaltung seiner Arbeiten einfließen lassen. Deutlich wird dies unter anderem bei der Betrachtung der öffentlichen Gebäude am Karlsruher Marktplatz. Auch sein Entwurf der „Via Triumphalis“ als südliche Verbindungsachse zwischen dem Schloss und dem Ettlinger Tor ist ein Beleg seines vom Klassizismus beeinflussten Stils.

1800 gründete Weinbrenner die Bauschule, aus der das Polytechnikum und die spätere Universität Karlsruhe hervorgingen. Weitere bekannte Bauwerke des Architekten in Karlsruhe sind das Marktgräflich-Hochbergsche Palais am Rondellplatz, die Staatliche Münze, das Stephanienbad, die Stadtapotheke, der Weinbrenner-Tempel im Schlossgarten und einige Wohnhäuser in der Stephanienstraße.

Auch Heinrich Hübsch, ein ehemaliger Schüler Weinbrenners, ist für einige bekannte Bauten in der Fächerstadt verantwortlich. So stammt das Regierungspräsidium, ehemals Finanzkanzlei, von ihm, ebenso die Orangerie und auch das heutige Hauptgebäude des Karlsruher Instituts für Technologie.

Jugendstil in Karlsruhe

Karlsruhe wird als eine der Geburtsstädte des Jugendstils bezeichnet. Kennzeichnend für diese Stilrichtung aus der Zeit der Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert sind geschwungene Linien, florale Muster und zarte Frauenfiguren. Diese entnahm man aus der Natur oder leitete sie von außereuropäischen Vorbildern ab. Weitere Merkmale des Jugendstils sind die betonte Asymmetrie, die Materialvielfalt und Farbigkeit sowie der Versuch, Kunst und Handwerk zu verbinden.

Die Fächerstadt gilt dank zahlreicher Gebäude und ganzer Straßenzüge im Jugendstil als das Zentrum dieser Stilrichtung im Südwesten Deutschlands. Um die Jahrhundertwende wurde in der Industriestadt Karlsruhe viel gebaut. Dabei fanden besonders die Arbeiten der Architekten Hermann Billing, Curjel & Moser und Hans Zippelius – allesamt Vertreter des Jugendstils – Beachtung.

Bauwerke aus dieser Zeit sind die evangelische Lutherkirche in der Oststadt und die Christuskirche in der Weststadt. Dafür verwendeten die Architekten häufig lokal vorhandene Baumaterialien wie Sandstein. Das Besondere am Karlsruher Jugendstil ist die reduzierte Formensprache.  Dadurch unterscheidet er sich deutlich von anderen Jugendstil-Ausprägungen aus Wien, Brüssel oder Nancy.

Bekannte Arbeiten des Architekten Hermann Billing sind zum Beispiel die Hof-Apotheke, der Brunnen auf dem Stephanplatz oder die Häusergruppe Terraingesellschaft Karlsruhe in der Kriegsstraße 143-147. Werke des Architekturbüros Curjel & Moser in Karlsruhe sind die evangelische Christuskirche in Karlsruhe, die Weststadt am Mühlberger Tor, das Dienstgebäude des Evangelischen Oberkirchenrats in Karlsruhe in der Blumenstraße und das Bankhaus Veit L. Homburger, die spätere Südwestdeutsche Landesbank in der Karlstraße in Karlsruhe.

Die Dammerstock Siedlung – Bauhaus in Karlsruhe

Nüchtern, schnörkellos, reduziert – das waren die Schlagwörter des Anfang des 19. Jahrhunderts entstandenen Bauhausstils. Die in Weimar entwickelte Bauhausschule wollte alte Traditionen hinter sich lassen und Design radikal neu denken. In den 1920er-Jahren erreichte der neue Baustil auch Karlsruhe. Unter der Leitung des Bauhaus-Gründers Walter Gropius entstand die Dammerstock-Siedlung.

Bei der Ausschreibung durch die Stadt Karlsruhe legte man besonderen Wert darauf, dass sich die Wohnungen vorrangig für Familien mit mittleren und unteren Einkommen eignen. Doch die 1928 im Süden Karlsruhes nach den avantgardistischen Plänen des Bauhaus-Gründers erbaute Siedlung kam beim Volk anfänglich nicht gut an.

Die Wohnraumgröße war zu gering bemessen, was der Siedlung den Beinamen „Jammerstock“ einbrachte und dazu führte, dass die Wohnungen meist mit weniger Personen als ursprünglich vorgesehen belegt waren. Mittlerweile hat sich die Wahrnehmung hinsichtlich der Bauweise geändert und die Dammerstock-Siedlung gilt als attraktives Wohngebiet.

Nachkriegs- und Postmoderne – der Wiederaufbau der Stadt Karlsruhe

Fast 40 Prozent der Gebäude und Infrastruktur in Karlsruhe waren nach dem Zweiten Weltkrieg zerstört. Nun galt es eine Synthese zwischen dem Alten und zum Teil Zerstörten und der Moderne zu finden. Die Anweisung kam von Günther Klotz, der von 1946 bis 1950 die Aufräumungs-Arbeitsgemeinschaft Karlsruhe leitete und von 1952 bis 1970 Oberbürgermeister von Karlsruhe war.

Ein bedeutendes Gebäude der Nachkriegszeit ist unter anderem die 1952 erbaute Schwarzwaldhalle, die als erster Hallenbau mit einem freitragenden sattelförmigen Spannbetonhängedach errichtet wurde. Erich Schelling, der bekannteste Karlsruher Architekt der Nachkriegszeit, war für die Realisierung der Halle verantwortlich.

Der aus Berlin stammende Erich Eiermann, einer der wichtigsten Architekten der Nachkriegszeit, schuf für die Stadt Karlsruhe unter anderem das Versuchskraftwerk der Uni Karlsruhe.

Ein weiteres bedeutendes Bauwerk aus dieser Zeit ist das zwischen 1961 und 1965 erbaute Landratsamt. Es stammt aus der Feder der Architekten Theodor Keller, Klaus Möckel und Norbert Schmidt. Das mit 72 Metern höchste Gebäude der Karlsruher Innenstadt ist mit seinen 21 Geschossen, der vorgehängten Aluminiumfassade und dem angegliederten Langbau und Casino ein Paradebeispiel für den „Internationalen Stil“ nach nordamerikanischem Vorbild.

Das Bundesverfassungsgericht, das seit 1951 im Prinz-Max-Palais residierte, konnte 1969 in den Neubau am westlichen Schlossplatz umziehen. Der Architekt Paul Baumgarten schuf ein Werk, das durch seine Transparenz die Werte der Demokratie symbolisiert.

Das Prinz Max Palais in Karlsruhe ist ein herausragendes Beispiel für die klassizistische Architektur des 19. Jahrhunderts. Mit seinen eleganten Säulen, filigranen Verzierungen und großzügigen Fenstern strahlt das Palais eine zeitlose Schönheit aus und fügt sich harmonisch in die umliegende Gartenanlage ein.
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Der Wiederaufbau war zum 250. Geburtstag der Stadt Karlsruhe weitestgehend abgeschlossen. In den 1980 Jahren wurde Kritik an der Überbetonung einer rein funktionalen und rationalen Gestaltung der Bauwerke laut. In Folge sollte durch die Architektur der Postmoderne das stadtnahe Wohnen wieder attraktiver gemacht werden und der Architekt Heinz Mohl entwarf für die Fächerstadt die Heinrich-Hübsch-Schule am Mendelsohnplatz. Außerdem war er maßgeblich am Stadtsiedlungsprojekt des Deutschen Werkbunds beteiligt.

Zeitgenössische Architektur in Karlsruhe

Auch in den letzten Jahren wurden in Karlsruhe einige bedeutende Bauwerke geschaffen. So eröffnete im Jahr 2003 die Messe Karlsruhe. Dabei handelt es sich um eine 52.000 m² große Hallenfläche und 10.000 m² Freigelände. Die Messe verfügt über modernste Infrastruktur, vorbildliche Funktionalität und preisgekrönte Architektur.

Auch der Neubau der dm-Zentrale an der Durlacher Allee überzeugt durch originelle, zeitgenössische Architektur. Das im Juli 2019 fertiggestellte Gebäude verfügt über einen wabenförmigen Grundriss und schafft unter anderem durch eine Mitarbeiterterrasse auf der Ostseite eine helle und frische Atmosphäre. Das Verwaltungsgebäude der dm-Zentrale mit dem Namen „dm dialogicum“ verteilt sich auf acht Innenhöfe, die als Grünfläche dienen. Entworfen wurde die Zentrale von dem Architekturbüro „Lederer, Ragnarsdóttir und Oei“ aus Stuttgart.

Weitere Beispiele für zeitgenössische Bauten in der Fächerstadt sind das Kirchenzentrum Petrus und Jakobus, die Volksbank Hauptverwaltung, der Citypark und der Infopavillion „K.“