Grötzingen: Das malerische und historische Tor zu Karlsruhe

Grötzingen ist ein Stadtteil am östlichen Rand von Karlsruhe.
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Grötzingen ist richtig alt und trotzdem einer der jüngsten Stadtteile Karlsruhes. Im Jahr 991 wird Grötzingen – damals noch Grezingen – das erste Mal urkundlich erwähnt. Doch erst 1974 wird der Ort ein Stadtteil von Karlsruhe. Hier erfahrt ihr mehr über Grötzingen und seine Geschichte.

Daten und Fakten

Grötzingen ist mit über 1.130 Hektar Fläche einer der sechs größten Stadtteile Karlsruhes, hat aber nur etwa 9.600 Einwohner. Das im Osten der Fächerstadt gelegene Grötzingen ist aber nicht nur einer der größten Stadtteile Karlsruhes, sondern auch einer der jüngsten. Grötzingen wird gern im Scherz als die Großmutter Karlsruhes bezeichnet. Das rührt daher, dass im 12. Jahrhundert – lange bevor Grötzingen ein Stadtteil von Karlsruhe war – Durlach von Grötzingen aus gegründet wurde. In Durlach wiederum wurde Karlsruhe gegründet. Genau genommen ist Durlach also die Mutter von Karlsruhe, was Grötzingen zu einem der jüngsten Stadtteile und gleichzeitig zur Großmutter der Fächerstadt macht.

Der Ortsteil Grötzingen wurde erst am 1. Januar 1974 offiziell eingemeindet. Dieser Eingemeindung ging eine Abstimmung zum Beitritt Grötzingens zur Gemeinde Pfinztal voraus. Die Abstimmung fand am 11. März 1973 im Rahmen der Baden-Württembergischen Gemeindereform statt. 63 Prozent der Bürger stimmten dafür, dass Grötzingen der Gemeinde Pfinztal beitreten solle, 36 Prozent votierten dagegen. Der Gemeinderat ignorierte das Ergebnis des Bürgervotums allerdings und entschied seinerseits am 3. Mai 1973 mit acht zu acht Gemeindestimmen und einer Bürgerstimme, dass der Ort in Karlsruhe eingemeindet werden sollte. So wurde Grötzingen zur Verwaltungseinheit Karlsruhes.

Geschichte von Grötzingen

Doch der Ort Grötzingen existierte schon lange, bevor er ein Stadtteil der Fächerstadt wurde. Erste Ansiedlungen auf dem Gebiet nördlich und südlich der Pfinz gab es schon im 4. und 7. Jahrhundert. Aus dem Jahr 991 datiert die erste urkundliche Erwähnung. „Gretzingen“, wie das heutige Grötzingen damals noch nach dem Sippenältesten Grezzo genannt wurde, fand Erwähnung im Lagerbuch des Klosters Weißenburg.

Grötzingen ist ein Stadtteil am östlichen Rand von Karlsruhe. Es wurde am 1. Januar 1974 nach Karlsruhe eingemeindet und umfasst eine Fläche von 11,3 km².
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Im 12. Jahrhundert war der Ort dann im Besitz des Adelgeschlechts der Staufer, bevor König Rudolf I. von Habsburg kurzfristig einige Burgen und Städte eroberte, darunter auch Grötzingen. Wenige Wochen später war der badische Markgraf Rudolf I. allerdings schon wieder im Besitz der Gebiete.

Grötzingen erlebte im Laufe der Jahrhunderte einige schwere Zeiten. Im 16. und 17. Jahrhundert wütete die Pest und durch den Dreißigjährigen Krieg und den Pfälzischen Erbfolgekrieg wurde der Ort schwer beschädigt und teilweise niedergebrannt.

Am 2. Januar 1921 traten alle USPD-Mitglieder im Bürgerausschuss geschlossen der KPD bei. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde das KPD-Mitglied Karl Hischmann von der Militärregierung als Bürgermeister eingesetzt. An die Opfer der NS-Zeit erinnern in Grötzingen zwei Tafeln am Nebengebäude des Rathauses, Rathaus Grötzingen. Ein weiteres Mahnmal für die deportierten Juden aus Grötzingen findet sich an der Pfinz sowie ein Denkmal auf dem Friedhof.

Das „Badische Malerdorf“: historische Künstlerkolonie in Grötzingen

Ab 1890 gab es in Grötzingen die sogenannte Malerkolonie, eine Lebens- und Arbeitsgemeinschaft von Künstlern in wechselnder Besetzung. 1889 baute das Künstlerpaar Friedrich Kallmorgen und Margarethe Hormuth-Kallmorgen ein Haus im ländlichen Grötzingen, um dort in den Sommermonaten zu wohnen und zu malen. Weitere Künstler folgten ihnen.

Der Tiermaler Otto Fikentscher kaufte 1891 das ehemals markgräfliche Schloss Augustenburg und lebte dort mit seiner Frau Jenny. Die Karlsruher Maler Gustav Kampmann, Franz Hein und Karl Biese schlossen sich ihnen mit ihren Familien an, sodass mit der Zeit eine Künstlerkolonie nach dem Vorbild von Barbizon in Frankreich entstand. Die historische Künstlerkolonie in Grötzingen bestand bis zur Auflösung im Jahr 1903 und leistete einen wesentlichen Beitrag zur deutschen Landschafts- und Naturmalerei der Jahrhundertwende.

Ab 1903 war die Künstlerkolonie Geschichte, die Familie Fikentscher lebte allerdings weiter in Grötzingen und auch das Ehepaar Kallmorgen nutzte sein Sommerhaus weiterhin. Im Schloss lebten temporär immer wieder Künstler, wie zum Beispiel der Maler Hermann Osthoff von 1905 bis 1909 und von 1912 bis 1914 der Maler Oskar Hagemann und seine Frau, die Künstlerin Gertrud Stamm-Hagemann. Noch heute wird Grötzingen dank dieser Künstlerkolonie als „Badisches Malerdorf“ bezeichnet. Auch die Mitgliedschaft in der europäischen Vereinigung von historischen Künstlerkolonien euroArt geht auf die Existenz der ehemaligen Malerkolonie zurück.

Grötzingen, ein Stadtteil von Karlsruhe, pflegt seinen Ruf als "badisches Malerdorf" und ist bekannt für seine vielfältigen Kunst- und Kulturveranstaltungen, darunter Ausstellungen, Kultur-Events und kunstvolle Hausfassaden. Der "Freundeskreis Badisches Malerdorf Grötzingen e.V." baut auf den Wurzeln der Malerkolonie auf und verbindet diese mit der vielfältigen künstlerischen Gegenwart des Ortes.
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Sehenswürdigkeiten und Ausflugsziele

In Grötzingen gibt es eine Vielzahl an Sehenswürdigkeiten und Ausflugszielen, die einen Besuch lohnen. So hat Grötzingen den kleinsten jüdischen Friedhof in Karlsruhe. Der kleine Friedhof, der ein geschütztes Kulturdenkmal ist, ist ganz mit Steinplatten ausgelegt. Der Friedhof der jüdischen Gemeinde Grötzingen entstand erst um 1905/06. Davor setzte man die Verstorbenen auf dem jüdischen Friedhof in Obergrombach bei. Auf dem Friedhof im Gewann „Junge Hälden“ an der Werrabronner Straße befinden sich auf einer Fläche von 1,08 Ar dreizehn Grabsteine, der älteste ist aus dem Jahr 1905.

Schloss Augustburg

Auch das Schloss Augustenburg, ein ehemaliges Schloss der Markgrafen von Baden-Durlach, befindet sich in Grötzingen. Ursprünglich war das Gebäude im 10. Jahrhundert ein Pfründehaus. Als der Markgraf Christoph I. von Baden das Haus im 15. Jahrhundert erwarb, war es eine bescheidene fürstliche Wohnung. Erst Markgraf Karl II. von Bad-Durlach baute es zu einem stattlichen Schloss aus. Ab 1678 gehörte das Schloss der namensgebenden Markgräfin Auguste-Maria von Baden Durlach, die es von ihrem Mann Friedrich VII. Magnus von Baden-Durlach geschenkt bekam. Nach dem Pfälzischen Erbfolgekrieg war das Schloss als einziges in der Umgebung noch bewohnbar. Nach Friedrich VII. Magnus, der von 1698 bis 1699 im Schloss wohnte und von dort den Wiederaufbau der Karlsburg in Durlach überwachte, zog im Jahr 1709 die Markgräfin Auguste-Maria wieder ein und blieb bis zu ihrem Tod im Jahr 1718.

Rathaus Grötzingen

Auch das Rathaus in Grötzingen ist historisch und wurde bereits 1668 errichtet. Das in Fachwerkbauweise errichtete Rathaus ist heute ein geschütztes Kulturdenkmal. Der Vorgängerbau des historischen Rathauses stammt aus dem Jahr 1583 und fiel dem Dreißigjährigen Krieg zum Opfer. Die massiven Mauern des Erdgeschosses wurden beim Neubau des Rathauses 1668 wiederverwendet. Noch heute weisen zwei Inschriften – eine am östlichen und eine am westlichen Eckständer – auf den Wiederaufbau im Jahr 1668 hin. Zwischen 2016 und 2019 wurde das Rathaus komplett saniert. Der Bürgersaal dient heute unter anderem als Trausaal, Ausstellungsraum und Ort für festliche Veranstaltungen.

Zum 1.000-jährigen Ortsjubiläum im Jahr 1991 richtete Hans Knab, der Enkel von Friedrich Kallmorgen, den historischen Rundgang ein. Auf 38 Informationstafeln wird mit Bildern und Texten aus der Vergangenheit Grötzingens erzählt. Teile der Bilder basieren dabei auf Gemälden und Zeichnungen des Großvaters, einem Mitbegründer der Grötzinger Malerkolonie. Seit 2012 ersetzen Stelen die Tafeln.