Waldbaden: So kann das Ökosystem unsere Gesundheit fördern

Achtsamkeit im Wald bedeutet, sich vollständig auf die natürliche Umgebung zu konzentrieren und die Sinne zu nutzen, um die Geräusche, Gerüche, Farben und Empfindungen des Waldes wahrzunehmen. Diese Form der Achtsamkeit kann dazu beitragen, Stress abzubauen, die Konzentration zu verbessern und einen tieferen Sinn für den gegenwärtigen Moment und unsere Verbindung zur Natur zu entwickeln.
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Das Gute kann so nah sein. Oft finden wir es nämlich in der Natur, die uns umgibt und als Zuflucht dient, wenn uns der Alltag in einer hoch technologisierten Welt wieder einmal zu viel wird. So auch beim Waldbaden. Gesundheitsexperten empfehlen es mittlerweile als valide Möglichkeit, Stress abzubauen, sich in Achtsamkeit zu üben und dem Kopf Luft zu verschaffen, was in diesem Zusammenhang wörtlich zu nehmen ist.

Die Luft im Wald ist sauerstoffreicher als anderswo und sorgt für ein besonderes Klima, das man sich während einem ausgedehnten Spaziergang zunutze machen kann. Waldbaden ist jedoch noch viel mehr. Gerne möchten wir Sie in den nachfolgenden Zeilen auf einen kleinen Exkurs in den Wald mitnehmen und die Faszination „Waldbaden“ vor allem vor gesundheitlichem Hintergrund näher beleuchten.

Erholung im Wald: eine fernöstliche Tradition  

Der Trend, der sich rund um das Thema „Waldbaden“ entwickelt hat, kommt ursprünglich aus Japan. Dabei hat der Begriff nichts mit Schwimmen oder Baden im herkömmlichen Sinne zu tun, sondern ist abgeleitet vom japanischen Ausdruck „Shinrin Yoku“, der mit „Eintauchen in die Waldatmosphäre“ übersetzt werden könnte. Schon 1982 wurde diese Aktivität im Rahmen einer Gesundheitskampagne vonseiten des japanischen Staates beworben.

Zu enge Wohnräume und überfüllte Verkehrsmittel in den Großstädten begünstigten den natürlichen Drang, sich in die Natur zurückziehen zu wollen. Das ist in Japan fast überall möglich, da das Land zu 70 Prozent bewaldet ist. Auch in China wurde die Praxis des Waldbadens (Senlinyu) bereits vor 2.500 Jahren praktiziert und ist nach wie vor ein bewährtes Mittel, um neue Lebensenergie aufzunehmen.

Heutzutage ist die heilsame Wirkung des Ökosystems Wald bereits durch zahlreiche Studien bewiesen. In Europa spricht man von „Waldbaden“, was jeder in heimischen Wäldern jederzeit tun kann. Doch warum genau profitiert unser Körper davon? Um den positiven Effekten auf den Grund zu gehen, ist es zunächst notwendig, das Ökosystem Wald näher zu beleuchten.

Waldbaden basiert auf der Idee, dass das Eintauchen in die Atmosphäre des Waldes, das Atmen der frischen Luft und das bewusste Wahrnehmen der Umgebung Stress reduzieren, die Stimmung verbessern, das Immunsystem stärken und sogar die Lebenserwartung erhöhen können.
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Wald als einzigartiges Ökosystem

Ein Wald ist mehr als nur die Summe seiner Bäume! Bei jedem Wald handelt es sich um ein komplexes Ökosystem, in dem ein vielfältiges Zusammenspiel lebender Organismen herrscht. So teilen sich verschiedene Pflanzen, Tiere und Mikroorganismen den Lebensraum und erzeugen dadurch eine Wechselwirkung unterschiedlicher Stoffkreisläufe. Manche Pflanzenarten und Tiere bevölkern den Wald unterirdisch. In jedem Fall trifft man nicht nur Moos und Pilze auf dem Boden eines Waldes an.

Die vielen Pflanzen und Bäume betreiben Photosynthese, bei der aus Sonnenlicht und Kohlenstoffdioxid organische Verbindungen mit Sauerstoff als Nebenprodukt hergestellt werden. Deshalb fühlt sich die Luft in einem Wald frisch und sauber an und ist es auch. Manchmal durchziehen den Wald auch Flüsse oder Bäche, welche rauschen oder leise dahinplätschern.

Positive Effekte auf unser Immunsystem

Ein ausgedehnter Aufenthalt im Wald hat zahlreiche positive Effekte auf das körpereigene Immunsystem und auf unsere Gesundheit. So wurde nachgewiesen, dass sich die Anzahl der natürlichen Killerzellen nach einem Waldspaziergang erhöht und dieser Effekt manchmal sogar bis zu einem Monat anhält. Erwiesen ist auch, dass zwei Tage im Wald (z. B. bei einem Camping-Aufenthalt) die Anzahl der natürlichen Killerzellen um 50 Prozent erhöhen können. Das ist eine tolle Unterstützung unseres Immunsystems, das dank der entsprechenden Zellen schädliche Krankheiten wesentlich besser von uns abwenden kann. Zudem sorgt die saubere Luft dafür, dass mehr Sauerstoff in unseren Blutkreislauf gelangt und Kopfschmerzen, Müdigkeit und Abgeschlagenheit verschwinden. Eine bessere Sauerstoffversorgung des Körpers wirkt sich positiv auf das Herz-Kreislauf-System aus, senkt zu hohen Blutdruck und sorgt für eine erhöhte Leistungsfähigkeit im Alltag.

Ausgleich zu Stress und Hektik

Im Wald finden wir viel Grün und entweder Stille oder natürliche Geräusche, – in jedem Fall aber angenehme Farben und Ruhe anstelle des vielen Grau und Straßenlärms der Stadt.

Das Ökosystem ist somit ein idealer Ort für alle, die sich von einem hektischen Alltag überrollt fühlen oder das dringende Bedürfnis nach Natur und Alleinsein verspüren, um abschalten zu können. Oft kann man sich auf Waldwegen aufhalten, ohne einer Person zu begegnen, und die Ruhe in Kombination mit toller Luft genießen.

Die natürliche Umgebung wirkt der Reizüberflutung durch digitale Kommunikationstechnologien entgegen und führt zu einer Entspannung der Augen und des Gehirns. Zudem ist es in einem Wald an vielen Stellen möglich, barfuß zu gehen und das weiche Moos oder die lockere Erde unter den Füßen zu spüren. Es existiert die Theorie, dass wir durch die Verbindung mit der Erde freie Radikale in unserem Körper unschädlich machen und somit oxidativem Stress gezielt entgegenwirken können. Fakt ist, dass die Bewegung in der Natur beim Waldbaden Stress nachweislich reduziert.

Perfekter Ort, um Achtsamkeit zu trainieren 

Oft entstehen Krankheiten, weil Achtsamkeit im modernen Alltag fehlt, also das bewusste Umgehen mit sich, seinem Körper und seiner Umwelt. Der Wald ist der Gegenpol zu Luftverschmutzung, Hektik und lauter Geräuschkulisse und daher ein idealer Ort, um sich in Achtsamkeit zu üben. So können wir im Wald unsere Augen schließen und uns auf eine bewusste Atmung oder die sanften Umgebungsgeräusche konzentrieren. Es ist mühelos und einfach, das Singen von Vögeln und Rascheln von Blättern einmal bewusst wahrzunehmen und ohne Ablenkung zu genießen. Meditationen können ein bewusstes Waldbaden hervorragend unterstützen. So sorgen kleine Achtsamkeitsübungen im Wald für Entspannung und oft auch für Dankbarkeit, Inspiration oder neue Kraft. Das Ökosystem Wald spricht die Gesamtheit unserer Sinne an. Anhand von Gerüchen, Farben, Geschmack und Klängen können wir Sinneseindrücke sammeln und unsere Sinne schärfen, besonders wenn das Waldbaden abends stattfindet.

Waldbaden, oder "Shinrin-Yoku" wie es in Japan genannt wird, ist eine Praxis, die darin besteht, Zeit in der Natur, insbesondere in Wäldern, zu verbringen, um das geistige und körperliche Wohlbefinden zu fördern.
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Waldbaden und Sport

Körperliche Betätigung wirkt sich immer positiv auf unsere Gesundheit aus und lässt sich ideal mit dem Aufenthalt im Wald verbinden. So ist natürlicher und weicher Waldboden für ausgedehnte Jogging-Runden beispielsweise besser geeignet als harter Betonboden. Auch Yoga und Qigong kann man beim Waldbaden inmitten von lebendigem Grün praktizieren. Je mehr unser Kreislauf dabei in Schwung kommt, desto mehr sauerstoffreiche Luft gelangt in die Lungen und den Blutkreislauf. Eine Sporteinheit ist also durchaus empfehlenswert und kann in Gesellschaft von anderen ausgeübt werden.

Fazit

Das Ökosystem Wald ist nicht nur ein integraler Bestandteil unseres Planeten, sondern der optimale Ort für Heilung, Achtsamkeit und innere Ruhe in der heutigen Zeit. Waldbaden beruht zwar ursprünglich auf fernöstlicher Alternativmedizin, ist mittlerweile jedoch ein beliebter und nützlicher Freizeittrend, der hierzulande angekommen ist und zahlreiche positive Auswirkungen auf körperliche und geistige Gesundheit hat. Wer heimische Wälder neu entdecken und dabei etwas für seine Gesundheit tun möchte, sollte daher unbedingt waldbaden gehen!