Chefärzte übernehmen immer mehr Managementaufgaben

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Chefärzte übernehmen immer mehr Managementaufgaben. Wer das Medizinstudium aufnimmt, verfolgt sicherlich ehrgeizige Karriereziele, die nicht selten bis zum Chefarztsessel reichen.

In dieser leitenden Funktion ergibt sich für Chefärzte ein herausfordernder Aufgabenbereich, der allerdings nicht mehr nur von medizinischen Themen bzw. der Behandlung geprägt ist: In den letzten Jahren sind Managementaufgaben immer stärker in den Fokus gerückt. Mit ihren Entscheidungen tragen Chefärzte maßgeblich zum wirtschaftlichen Erfolg einer Klinik bei. Dieser Beitrag beleuchtet, welche strukturellen Herausforderungen bestehen und wie diese in der Praxis gelöst werden können. Der lange Weg auf der Karriereleiter bis zum Chefarzt

Um Chefarzt zu werden, braucht es neben hervorragenden Leistungen vor allem eines: Zeit und Berufserfahrungen. Nach dem Medizinstudium, das in der Regel mindestens 6 Jahre dauert, steht die Facharztausbildung an. Während dieser ebenfalls mehrjährigen Spezialisierungsphase schärfen Mediziner ihr fachliches Profil. Sie legen ihren späteren Einsatzbereich fest. Nach der erfolgreichen Facharztausbildung heißt es oft, als Stationsarzt Stück für Stück mehr Verantwortung zu übernehmen. In dieser Position ist eigenverantwortliches Arbeiten kennzeichnend. Die nächste anzustrebende Karrierestufe wäre der leitende Oberarzt, der einen deutlich größeren Verantwortungsbereich innehat, ggf. je nach Struktur der Klinik auch bereichsübergreifend.

Es dauert viele Jahre, Chefarzt werden zu können

Auf der letzten Stufe der Karriereleiter warten endlich passende Chefarzt Stellenangebote. Warten ist ein gutes Stichwort, denn auch für diesen Schritt sind in der Praxis meistens mehrere Jahre an weiterer Berufserfahrung notwendig. Diese sollten genutzt werden, um das fachliche Profil nochmals zu schärfen und um sich auch als Manager zu beweisen oder besser gesagt aktiv zu empfehlen. Denn Chefärzte sind nicht mehr nur exzellente Mediziner, sondern mittlerweile auch wichtige Manager im Krankenhausbetrieb. Mit ihren Entscheidungen müssen sich sicherstellen, dass jenseits der Behandlungsqualität die Zahlen der Klinik als Wirtschaftsbetrieb (!) stimmen.

Chefärzte sind Mediziner und Manager

Einmal in dieser Position angekommen, stellt sich die Frage, ob man als Chefarzt eher Manager oder Mediziner ist. Klar ist, dass für Chefärzte nicht mehr nur die Behandlung von Patienten im Fokus steht. Als Führungskraft steht die Strategieentwicklung zukünftig immer häufiger auf der Agenda, weshalb der Chefarzt Beruf auch zu den bestbezahlten Berufen in Deutschland zählt. Experten gehen davon aus, dass Managementaufgaben je nach Klinik bis zu 70 % der Chefarzttätigkeit ausmachen könnten. Auf der letzten Stufe der Karriereleiter würde die Arbeit mit Patienten demnach in den Hintergrund rücken bzw. nicht mehr den beruflichen Schwerpunkt ausmachen. Das kann nur funktionieren, wenn die richtigen Rahmenbedingungen gesetzt werden und Chefärzte in dieser ’neuen‘ Rolle auch zu 100 % aufgehen. Denn eines ist vollkommen klar: Alleine wegen der anzustrebenden hohen Behandlungsqualität dürfen Krankenhäuser nicht auf die exzellente medizinische Expertise von Chefärzten verzichten.

Konkrete Lösungen hängen von der Größe der Klinik ab

Ob Chefärzte eher Manager oder Mediziner sind, hängt maßgeblich von der Größe der Einrichtung ab. Experten sprechen sich dafür aus, in großen Kliniken zwei Karrierewege zu installieren, und zwar eine Fachkarriere und eine Management-Karriere. Auf diese Weise ist es möglich, die eigenen Ziele und persönliche Präferenzen besser zu berücksichtigen. Eine fachliche Karriere würde nicht bedeuten, komplett von Management- und Steuerungsaufgaben entbunden zu werden. Allerdings würde die medizinische Tätigkeit dann ganz klar den Schwerpunkt ausmachen.

70 % Manager, 30 % Mediziner in der Chefarztposition?

In kleinen Krankenhäusern mit ohnehin dünner Personaldecke ist es nicht absehbar, dass ein Chefarzt auch einen großen Teil seiner Arbeitskraft als Manager einbringt. Viele Chefärzte sind mit der Medizin bereits so stark ausgelastet, dass keine ausreichenden Ressourcen mehr für Managementaufgaben vorhanden sind.

Für Chefärzte in einer solchen Position gestaltet sich der Spagat zwischen Medizin und Management als schwierig. Es ist davon auszugehen, dass Chefärzte in kleinen Kliniken auch in Zukunft schwerpunktmäßig als Mediziner Karriere machen werden. Die Managementfunktion wird mehr oder weniger nebenbei laufen müssen. Falls Chefärzte gezielt mehr Verantwortung im Management übernehmen sollen, müssen hierfür zweifelsohne die notwendigen Ressourcen geschaffen werden. Denn eines darf nicht passieren: Die Patienten dürfen nicht darunter leiden, dass Chefärzte zu viele Aufgaben im Management übernehmen. Es besteht Handlungsbedarf: So könnte die Lösung aussehen Angesichts des schwierigen Spagats zwischen Medizin und Management sowie des akuten Fachkräftemangels vielen Kliniken sehen Experten dringenden Handlungsbedarf. In Zukunft wird es so sein, dass Chefärzte gut ein Drittel ihrer Arbeitszeit für wichtige Managementfunktionen nutzen sollten. Das setzt voraus, dass der Chefarzt bzw. die Chefärztin sich in dieser Managementrolle sieht und sie aktiv-gestaltend annimmt. Diese Rechnung kann nur aufgehen, wenn dieses Drittel an Arbeitszeit tatsächlich reicht, um die Geschicke der Klinik erfolgreich zu managen.

Auf der anderen Seite muss dieses Drittel durch ausreichend qualifiziertes Personal auf der Ebene der Medizin kompensiert werden. Bestimmte Fähigkeiten und Aufgaben des Chefarztes müssen dann an Kollegen delegiert werden. Der gesamte Stellenplan und die interne Organisation müssen also auf diesen 70 zu 30 Zuschnitt ausgelegt werden, damit er zu einem nachhaltigen Erfolg werden kann. Die Klinikleitung steht folglich in der Verantwortung, für die strukturellen Rahmenbedingungen eine ausreichende Finanzierung sicherzustellen. Chefärzte geben modernster Medizin ein vertrauensvolles Gesicht

Nicht zu unterschätzen ist, dass sich es angesichts der skizzierten Komplexität um einen langwierigen Prozess handelt. Die Komplexität ist strukturell vor allem darin zu sehen, dass viele Stellen insbesondere im Beruf Pflegefachmann/-frau in nicht mehr oder nur nach monatelanger Suche besetzt werden können. Insofern müssen Chefärzte sich vermehrt um Organisation und das der Klinik kümmern. Für das Renommee eines Krankenhauses spielen ausreichend und qualifiziertes Pflegepersonal, exzellente Ärzte und das Vertrauen zu Patienten eine Schlüsselrolle. Chefärzte sind insofern ein für das Marketing wichtiges persönliches Aushängeschild. Nicht wenige Patienten werden aufgrund persönlicher Empfehlungen mit Gesundheitsbeschwerden in einer ganz bestimmten Klinik vorstellig. Das zeigt, warum der Tätigkeitsschwerpunkt der allermeisten Chefärzte sicherlich auch in der Zukunft klar auf der Medizin liegen wird. Fazit: Karriere als Mediziner und Manager ist kein Widerspruch mehr

Jede Klinik wird neue strategische Ziele definieren und einen konkreten Aktionsplan festlegen müssen, um das herausfordernde Tätigkeitsfeld des Chefarztes zukunftsorientiert aufzustellen. Es dürfte angesichts des Kostendrucks im Gesundheitssystem, in dem gerade immer höhere Krankenkassenverluste drohen, kein Weg mehr daran vorbeiführen, dass auch Spitzenmediziner die

Sprache der Betriebswirtschaft immer besser verstehen. Der moderne Chefarzt sollte mit dem Selbstverständnis eines Spitzenmediziners und Managers selbstbewusst agieren und aufgrund effizienter Strukturen in dieser Rolle auch aufgehen können. Um für eine breitere Akzeptanz und eine bessere Planbarkeit zu sorgen, können betriebswirtschaftliche Themen und Managementaufgaben bereits im Studium stärker vermittelt werden.

Das wäre nur konsequent, denn der hier skizzierte Karriereweg sieht ab einer bestimmten Position vor, dass Managementfähigkeiten unabdingbar sind. Eine exzellente medizinische Versorgung macht es schlichtweg erforderlich, dass die richtigen Entscheidungen mit Blick auf Personal und Ausstattung getroffen werden. Für Chefärzte selbst liegt eine große Chance darin, sich nur mit medizinischen Spitzenleistungen einen Namen zu erarbeiten. Sie können ihre Macht- und Verhandlungsposition in der Klinik stärken. Auch auf dem Arbeitsmarkt ergeben sich bei vorweisbaren Erfolgen neue Perspektiven durch den gelungenen Spagat zwischen Medizin und Betriebswirtschaft bzw. Management.