Jugendliche Straftäter müssen Wald säubern in der Nähe von Karlsruhe

Symbolbild Foto: pr

ka-insider (dpa) – Die Jugendlichen haben fest zugepackt: Rund ein Dutzend Haufen mit Ästen und Stämmen haben sie auf der Kahlfläche an der A8 bei Pforzheim aufgetürmt.

Am Freitag leisten hier zehn straffällig gewordene Jungen und ein Mädchen ihre von der Justiz aufgebrummten Arbeitsstunden ab. Zur Strafe in den Wald? Das geht, dank des Hauses für Jugendrecht in Pforzheim. Wegen der Corona-Pandemie hat es die Strafarbeit ins Grüne verlegt.

Insgesamt 27 junge Leute waren in den Pfingstferien zum Arbeitseinsatz auf der 2,5 Hektar großen Kahlfläche des von Sturm und Ungeziefer heimgesuchten Waldstücks. 50 Kubikmeter Gestrüpp und Baumreste haben sie angehäuft, berichtet Polizeihauptkommissar Volker Weingardt. Stolz schwingt mit, wenn er hinzufügt, dass seine Schützlinge nicht nur besonders fleißig waren. Sie haben selbst bei starkem Regen und mit durchnässten Schuhen ihre acht Stunden am Tag durchgezogen.

Sich nach dem langen Corona-Lockdown auspowern zu können, ist das eine. Jugendsachbearbeiter Weingardt ist überzeugt, dass auch anderes motiviert: «Sie merken, es ist eine sinnvolle Beschäftigung.» Die Haufen werden später von der Forstbehörde abtransportiert. So «geputzt», kann der Bereich mit jungen Bäumen wieder aufgeforstet werden. «Eine tolle Aktion», findet Staatsanwalt Henrik Blaßies, der mit Weingardt im Haus des Jugendrechts zusammenarbeitet. Schon weil der Erziehungsgedanke im Vordergrund steht. Hinzu kommt, dass die Pandemie in den vergangenen Monaten normale Arbeitseinsätze auf Friedhöfen oder im Zoo unmöglich machten.

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Es muss nicht immer ein Ladendiebstahl sein, ein Einbruch oder eine Schlägerei, wenn Jugendliche mit dem Gesetz in Konflikt kommen. Manchmal reicht eine illegale Corona-Party oder hartnäckiges Schuleschwänzen.

Weil dem Justizministerium zufolge bei jungen Delinquenten die Strafe möglichst auf den Fuß folgen und ihnen zugleich eine Perspektive für den rechten Weg eröffnet werden soll, gibt es die Häuser des Jugendrechts. Das Besondere daran: In ihnen arbeiten
Staatsanwaltschaft, Polizei und Jugendhilfe unter einem Dach – die Institutionen, die an einem Jugendstrafverfahren beteiligt sind.

Das hilft, Jugendkriminalität zu bekämpfen und jungen Straftätern Chancen für ein straffreies Leben zu eröffnen, ist Justizministerin Marion Gentges (CDU) überzeugt. Sie strebt einen möglichst flächendeckenden Ausbau der Häuser des Jugendrechts an. Bundesweit war Baden-Württemberg mit dem ersten Haus dieser Art 1999 in Stuttgart-Bad Cannstatt Vorreiter. Heute zählt das Land sieben solcher Institutionen.

Ein 22-Jähriger, der nach einem Überholmanöver wegen Gefährdung des Straßenverkehrs 100 Arbeitsstunden aufgebrummt bekam, hadert noch damit. Etwa die Hälfte hat er abgearbeitet. Der Richter habe ihm mit den Arbeitsstunden eine Lehre erteilen wollen. Die Alternative wären um die 1000 Euro Geldstrafe gewesen. Hätte er lieber gezahlt?
«Ehrlich gesagt: Ja.»