35 Menschen tot – Flüchtling in Karlsruhe verurteilt

Foto: Kucharek | CC-by-nc-sa-2.0 | Die Haupteinfahrt zum Bundesgerichtshof an der Herrenstraße.

Karlsruhe (dpa) – Wie sehr darf ein Flüchtling Frauen und Kindern bei der oft tödlichen Flucht über das Mittelmeer helfen, ohne zum Unterstützer der Schleuser und damit selbst zum Straftäter zu werden?

Im Fall eines Mannes aus Afghanistan reichte es, im Auftrag der Kriminellen als Ansprechpartner fungiert zu haben, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) am Donnerstag im Karlsruhe.

Der 3. Strafsenat verwarf die Revision des Angeklagten, den das Landgericht Osnabrück zu einer Bewährungsstrafe von anderthalb Jahren wegen Beihilfe zum Einschleusen von Ausländern mit Todesfolge verurteilt hatte. (Az. 3 StR 561/18).

Der Vorsitzende Richter Jürgen Schäfer sprach von einem tragischen Fall. «Der Angeklagte ist Opfer und Täter zugleich.» Bei der Überfahrt im Januar 2016 von der türkischen Küstenstadt Bodrum auf eine griechische Insel war das mit 60 Passagieren weit überladene
Boot gekentert. Mindestens 35 Menschen ertranken, darunter die beiden Frauen und deren vier Kinder, um die er sich gekümmert hatte.

Er hatte ihnen zum Beispiel beim Transport des Gepäcks geholfen und Ihnen Lebensmittel besorgt. Einen finanziellen Vorteil hatte der Mann aber nicht, auch er habe für seine Flucht Geld bezahlt. Der Angeklagte selbst wurde mit 23 weiteren Menschen von der griechischen
Küstenwache gerettet.

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Nach Angaben des Richters liegt die Tat des Angeklagten, der mehrere Monate in Untersuchungshaft gesessen hatte, im unteren Bereich der Beihilfe. Er habe nicht viel mehr, aber doch etwas mehr getan, als für seine eigene Einreise nötig gewesen sei. Entscheidend sei die Zusage an die Schleuser und deren Einhaltung.

In dem Fall sei deutsches Strafrecht anwendbar, so Schäfer. Die Einreise über die Seegrenzen nach Griechenland ohne das erforderliche Visum sei strafbar gewesen. Als Hilfeleistung sei alles anzusehen, was den Erfolg der Täter fördere. Schon die Zusage einer Handlung könne eine Unterstützung sein. Der Flüchtling habe im Verfahren vor den Landgericht angegeben, sich bei der Weiterreise innerhalb der EU Vorteile davon zu versprechen, in Begleitung von Frauen und Kindern zu sein.

Der Verteidiger des Flüchtlings hatte in der Verhandlung vergeblich argumentiert, sein Mandant habe nicht mehr getan, als anderen Menschen in einer schwierigen Lage eine selbstverständliche Hilfe zu geben.

Das Urteil des Landgerichts ist mit der Entscheidung des BGH rechtskräftig.