Mehr Rechte für enterbte: Neues Urteil aus Karlsruhe gilt Deutschlandweit

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Karlsruhe (dpa) – Auch enterbte Angehörige haben ein Recht, das Testament zu sehen.

Warum sie das möchten, habe keine Rolle zu spielen, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe.

Die zuständige Aufsichtsbehörde muss demnach den Notar von seiner Verschwiegenheitspflicht entbinden, wenn der enterbte Hinterbliebene das beantragt. Eine Ablehnung sei rechtswidrig und verletze den Betroffenen in seinen Rechten, heißt es in dem am Freitag veröffentlichten Urteil aus dem Juli. (Az. NotZ(Brfg) 1/19).

Geklagt hatte der Sohn eines 2016 gestorbenen Mannes. Der Vater hatte knapp vier Jahre vor seinem Tod mit seiner zweiten Ehefrau ein Testament aufgesetzt. Danach sollten nur die Kinder aus zweiter Ehe erben. Der Kläger, ein Sohn aus erster Ehe, erfuhr davon erst bei der Testamentseröffnung. Er will beim Notar die beglaubigte Abschrift des Testaments einsehen, die dort noch in den Akten ist. Es gebe Anzeichen dafür, dass Seiten des Originals ausgetauscht worden seien.

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Die Aufsicht, in diesem Fall der Präsident des Landgerichts Münster, hatte den Antrag abgelehnt – die Manipulationsvorwürfe entbehrten «jeder nachvollziehbaren vernünftigen Grundlage». Das Kölner Oberlandesgericht hatte diese Entscheidung bestätigt.

Zu Unrecht, entschied nun der BGH. Der Notar sei hier zwingend von seiner Verschwiegenheitspflicht zu befreien. Mit dem Tod des Vaters sei dessen Interesse an Geheimhaltung seines letzten Willens dem Sohn gegenüber entfallen – ob enterbt oder nicht. Dabei komme es nicht darauf an, ob der gesetzliche Erbe aus nachvollziehbaren Motiven über den Inhalt des Testaments informiert werden möchte.

Damit ist allerdings noch nicht gesagt, dass auch der Notar mitspielt. Bisher hatte er dem Sohn die Einsicht verweigert. Die grundsätzliche Klarstellung der BGH-Richter bezieht sich nur auf die Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht durch die Aufsicht.