Hammerhart: Regierung in Baden-Württemberg will massive Einsparungen

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Die Opposition, der Landesrechnungshof und Lehrer- und Umweltverbände haben Kritik an den Haushaltsplänen der grün-schwarzen Koalition geübt – allerdings aus unterschiedlichen Gründen.

SPD und FDP sehen in dem Etat für das kommende Jahr einen «Etikettenschwindel». Sie warfen der Regierung am Montag vor, dieses Jahr im Nachtragsetat ohne Not neue Kredite aufnehmen zu wollen, um 2022 die Schuldenbremse einhalten zu können. «Natürlich ist das Getrickse», sagte FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke der Deutschen Presse-Agentur.

Auch der Rechnungshof sieht die Haushaltspolitik kritisch und forderte mehr Sparwillen. Die Lehrergewerkschaft GEW und die Umweltschutzorganisation BUND halten dagegen den neuen Weg ohne Schulden und mit Einsparungen grundsätzlich für falsch. Der Sparkurs gehe auf Kosten der Bildung und der Umwelt.

Der Liberale Rülke sagte, auf der einen Seite wolle die Regierung mit dem Nachtragsetat 1,2 Milliarden Euro neue Schulden aufnehmen, auf der anderen Seite räume sie ein, dass sie für den Haushalt 2022 ältere Verschuldungsrechte und Reste in Höhe von 2,6 Milliarden Euro nutzen wolle. «Das passt nur begrenzt zusammen», kritisierte er und sprach von einem «frisierten Haushalt». Der SPD-Finanzexperte Nicolas Fink sieht das ähnlich: «Wer jetzt ohne großen Bedarf 1,2 Milliarden aufnimmt, tut sich natürlich mit der Ankündigung leicht, für 2022 keine neuen Schulden zu brauchen.» Das sei «Etikettenschwindel im großen Stil».

Die Spitzen der grün-schwarzen Koalition hatten am Freitagabend beschlossen, im Haushalt 2022 die Schuldenbremse einhalten und 250 Millionen Euro einsparen zu wollen. Zunächst will Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) aber den Nachtragsetat an diesem Mittwoch in den Landtag einbringen. Mit den Schulden von 1,2 Milliarden Euro will er vor allem für weitere Folgen der Corona-Krise vorsorgen.

Doch auch der Landesrechnungshof stellt das infrage. «Die Schuldenbremse erfordert eine erhebliche Beeinträchtigung der Finanzlage des Landes, wofür aus Sicht des Rechnungshofs allerdings noch Erläuterungsbedarf besteht», sagte der Präsident des Rechnungshofs, Günther Benz, der «Heilbronner Stimme» und dem «Südkurier» (Dienstag). Er frage sich, «ob die Finanzierung dieses Bedarfs über neue Schulden tatsächlich ohne Alternative ist, zumal für das Jahr 2020 ein Rechnungsüberschuss in nennenswerter Höhe prognostiziert wird».

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Rülke hält es aber für gut möglich, dass Grün-Schwarz auch im kommenden Jahr wieder per Nachtrag neue Kredite aufnimmt. In den Eckpunkten aus dem Finanzministerium seien «Luftbuchungen»: «Ich sage voraus: Wenn die Konjunktur sich nicht so entwickelt wie geplant, kommen sie doch wieder mit neuen Schulden.»

Rülke und der Rechnungshof drangen auf Einsparungen beim Personal und Förderprogrammen. «Bei Förderprogrammen muss man mit dem Rasenmäher durchgehen und auch welche einstellen», sagte der FDP-Mann. Zudem hätten die Grünen unter Ministerpräsident Winfried Kretschmann seit 2011 den Regierungsapparat deutlich aufgestockt. Mit den im Nachtrag geplanten neuen Posten seien es knapp über 4000 Stellen. Das seien etwa 1100 Stellen mehr als vor zehn Jahren. «Wir müssen auf den Stand
von 2011 zurück.» Auch die Landesverwaltung sei in den vergangenen zehn Jahren immer mehr gewachsen. Auch hier könne man Personal abbauen, allerdings keine Polizisten und Lehrer. Auch der oberste Rechnungsprüfer Benz forderte: Alle Personalausgaben und Förderprogramme müssten auf den Prüfstand.

Justizministerin Marion Gentges (CDU) pochte trotz knapper Kassen erneut auf mehr Stellen für die Justiz. Um den zunehmenden Delikten in den Bereichen Hasskriminalität und Kinderpornografie nachgehen zu können, brauche sie 30 weitere Stellen für die Staatsanwaltschaften, sagte sie der «Stuttgarter Zeitung» und den «Stuttgarter Nachrichten» (Dienstag). Mehrarbeit für Gerichte und Staatsanwaltschaften gebe es
zudem durch «die Asylklagewelle, die gerade in der zweiten Instanz landet. Da sind Tausende von Dieselklagen oder auch Klagen auf Entschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz, auf die wir uns einstellen müssen.» /dpa