Überlastung: „Expressurteile“ bald in ganz Baden-Württemberg

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Karlsruhe-Insider (dpa) – Der ungeschickte Griff ins Regal oder das aufgeflogene Drogengeschäft können Ladendiebe und Dealer schneller vor den Richter bringen, als ihnen oft lieb sein dürfte.

Als sogenannte beschleunigte Verfahren werden diese Urteile im Hauruck-Verfahren in Baden-Württemberg zwar erst an drei Gerichten systematisch verfolgt. Modellprojekte in Stuttgart, Mannheim und Freiburg waren aber nach Ansicht von Justizministerin Marion Gentges (CDU) trotz der Corona-Pandemie so erfolgreich, dass Expressurteile über kurz oder lang im ganzen Land gesprochen werden könnten. Ihr Ziel: Die Fälle sollen zügiger vom Tisch, Strafen sollen unmittelbarer folgen und somit auch Nachdruck hinterlassen.

«Ich möchte, dass wir die Erkenntnisse aus den Modellprojekten nutzen und weitere Standorte im Land finden», sagte Gentges der Deutschen Presse-Agentur. «Es ist unser Ziel, das an alle geeigneten Gerichte zu bringen.»

In Freiburg, Stuttgart und Mannheim sind seit dem vergangenen Juli nach Angaben des Justizministeriums bereits mehr als 180 Expressurteile (Stichtag: 15. Februar 2021) gesprochen worden. Corona habe den Trend zum sogenannten beschleunigten Verfahren gebremst. Es habe in der Zeit der Pandemie weniger geeignete Fälle, weniger Kontakte und auch nur wenige Verhandlungen gegeben, sagte auch der Präsident des Stuttgarter Amtsgerichts, Hans-Peter Rumler. Er spricht von «guten Erfahrungen», die sein Gericht bislang in den mehr als 40 Expressverfahren gemacht habe.

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Mit den Urteilen – viele davon fallen am nächsten Tag – will die Justiz vor allem den zeitraubenden und kostspieligen Ablauf vergangener Zeiten bei kleineren Delikten umgehen. Schnelle Entscheidungen vor Gericht sollen nicht nur Staatsanwaltschaften und
Gerichte, sondern auch Opfer, Zeugen und selbst die Täter entlasten. «Vor allem bei jüngeren Tätern ist es pädagogisch sinnvoll, dass zwischen Tat und Verurteilung kein längerer Zeitraum liegt», sagte Justizministerin Gentges. Hinzu komme, dass Täter ohne festen Wohnsitz in Deutschland normalerweise für die Justiz kaum zu greifen seien.